Venedig ist ein bisschen wie Disneyland: Eine abgeschlossene unwirkliche Welt ohne Autos, in der sich viel zu viele Menschen durch kleine Straßen schieben, um Attraktionen und Fahrgeschäfte zu besuchen und Fotos von den Maskottchen zu schießen.
Schon nach der Ankunft auf dem Marco-Polo-Flughafen wartete das erste Fahrgeschäft. Direkt vom Airport aus kann man mit dem Boot in die Lagunenstadt fahren. Der Anbieter heißt Alilaguna, Hin- und Rückfahrt kosten 27 Euro. Kauft man das Ticket vorher im Internet, spart man ganze zwei. Ich spazierte mit meinem Koffer auf das Boot und wartete dort mit einigen anderen Fahrgästen. Gerade wollten wir es uns bequem machen, als wir realisierten, dass wir uns gar nicht auf einem Boot befanden. Dies war einfach nur die Wartestation, von der aus man auf das tatsächliche Boot hinüberwechselt. Beim Umsteigen auf das wirkliche Boot teilt man dem Schaffner die Station mit, an der man aussteigen will und er knipst das Ticket ab. Wenn man die Linea Blu nimmt, empfiehlt es sich, in Fahrtrichtung rechts zu sitzen. Dort hat man die viel bessere Aussicht. Ich saß natürlich links.
Nach etwa 1:20 Stunden erreichte ich die Riva degli Schiavoni, den Hauptkai am Markusplatz. Von dort aus suchte ich mir mit meinem Rollköfferchen den Weg durch die kleinen verwinkelten Gassen zum Hotel. Google Maps hat mir dabei geholfen, auch wenn die Angaben immer nur ungefähr gestimmt haben. In den folgenden Tagen sollte ich aber noch stundenlang halb orientierungslos durch Venedig irren.
Orange statt Blau
Die Nacht vorher hatte ich kaum geschlafen und da meine Begleitung erst am Abend anreisen würde, gönnte ich mir erst einmal ein Nickerchen. Später unternahm ich einen Spaziergang, trank Bier, aß Spaghetti al pomodoro und machte mich dann auf den Weg zum Flughafen, um meine Begleitung abzuholen. Mit ihr warteten dieses Mal viel mehr Leute auf das Boot, als es bei mir der Fall gewesen war. Gerade als wir ganz vorne standen und auf das Boot aufsteigen wollten, schloss der Bootsmann die Kette und erklärte uns, dass es voll sei. Das nächste und letzte Boot käme in einer Stunde.
Während wir und die anderen Touristen rätselten, was wir denn jetzt machen könnten, fanden wir heraus, dass von dem anderen Warteboot aus noch die Linea Arancio fährt. Also gingen fast alle hinüber. Aus Angst wieder nicht mitzukommen, war das Gedrängel bereits groß, das Boot sollte aber erst 20 Minuten später eintreffen. Als es kam, war es ein viel kleineres Boot als das andere, was das Gedrängel noch verstärkte. Als ich aufsteigen wollte, tackelte sich noch ein Mann mit seinem Koffer von hinten an mir vorbei, als ginge es um Leben und Tod. Wir haben es aber dieses Mal auch drauf geschafft. Das Boot war zwar kleiner aber viel komfortabler als die Linea Blu. Anstelle von Plastiksitzen gab es hier Ledersitze. Allerdings war es so voll, dass keiner von uns wirklich bequem saß.
Aperol auf Lido
Am nächsten Tag starteten wir unser Sightseeing-Programm. Es war der 1. Mai. In der Inselstadt stauten sich die Touristen in den engen Gassen. An der Rialto-Brücke musste man sich durchdrängeln, um ein Foto von der Brüstung machen zu können und auf dem Markusplatz waren gar nicht genug Tauben für die ganzen Touristen vorhanden.
Das Wetter war gut, so dass wir einen Ausflug auf die Nachbarinsel Lido unternahmen. Dort kann man den Menschenmassen ein Weilchen entfliehen und am Strand chillen. Der Strand ist aber nicht soo schön. An einem der Cafes haben wir dann noch Aperol Spritz getrunken. Das einstige Inn-Getränk kommt aus Venedig und ist hier immer noch total hip.
Land unter in Venedig
Am zweiten Tag war das Wetter nicht mehr so toll. Im Gegenteil, es schüttete wie aus Eimern. In einer normalen Stadt ist das schon nervig, aber in Venedig ist es richtig scheiße. Das Wasser stand in den engen Gassen, durch die man sich mit tausenden anderen Menschen durch den Regen kämpft. Ich war natürlich top vorbereitet, hatte Stoffschuhe an und keinen Regenschirm mitgenommen. Meine Begleitung dagegen schon. Außerdem hatte sie zwei Regencapes mitgebracht. Erst weigerte ich mich, eins anzuziehen, habe es dann aber doch gemacht – und musste dann zugeben, dass es durchaus hilfreich war.
Die Touristen ließen sich trotzdem nicht beirren. Am Dogenpalast, Doge war in vergangenen Zeiten sowas wie der König Venedigs, hatte sich eine lange Schlange gebildet, in der die Menschen geduldig im strömednen Regen anstanden. Wir waren wieder mal superschlau gewesen und hatten im Internet Tickets gekauft. Mit „wir“ meine ich meine Begleitung. Dadurch konnten wir uns die Warterei ersparen und durften direkt rein ins Trockene.
Zu spät – wieder einmal
Neben vielen kunstvollen Räumen befindet sich im Dogenpalast auch die berühmte Seufzerbrücke, der Übergang zum alten Gefängnis. Früher wurde man im Dogenpalast im Gerichtssaal verurteilt und dann direkt ins Gefängnis gebracht. Als der Gefangene die Seufzerbrücke überquerte, konnte er durch kleine Öffnungen im Mauerwerk ein letztes Mal nach draußen in die Freiheit blicken. Da hat der ein oder andere schwer Seufzen müssen, was der Brücke ihren Namen gab.
Am Abend hatten wir eine Tour über Urban Adventures gebucht. „Sie hieß Cicchetti of Venice“. Über eine Stunde vorher hatten wir uns auf den Weg gemacht, aber irgendwie den falschen Weg genommen und waren zu spät – wieder mal. Nachdem ich den Anbieter angerufen hatte und unsere Gruppe daraufhin freundlicherweise wartete, kamen wir schließlich 20 Minuten zu spät an. Die anderen Mitglieder haben es uns nicht spüren lassen, aber wir waren bestimmt nicht die Beliebtesten in der Gruppe.
Cichetti in der Bacari
Die Tour war super. Wir zogen von Osteria zu Osteria, in Venedig auch Bacari (Weinkneipe) genannt, wo wir immer einen speziellen Wein und ein Cicchetto bekamen. Cicchetti sind kleine Häppchen, ähnlich wie die spanischen Tapas. Außerdem erklärte uns die Führerin viel über Venedig.
Der Unterschied zwischen Ristorante, Trattoria und Osteria?
Eine nützliche Information habe ich mir gemerkt: den Unterschied zwischen Ristorante, Trattoria und Osteria: Das Ristorante ist ein richtiges Restaurant mit allem drum und dran, meist etwas gehobener. Die Trattoria ist kleiner und legerer. Und die Osteria ist sowas wie ein Bistro. Häufig gibt es nur den Besitzer, der hinter der Bar steht und die Gäste bedient. Perfekt, um Abends Weinchen trinken zu gehen.
Als wir uns nach der Tour auf den Heimweg machten, erwischten wir den richtigen Weg. Okay, wir hatten uns auch von unserem Tourguide den Weg erklären lassen. Der dauerte zu unserem Erstaunen nur 10 Minuten.
Eine Gondelfahrt darf bei Venedig-Besuch nicht fehlen
Am letzten Tag haben wir noch eine obligatorische Gondelfahrt unternommen und sind dabei an den Häusern von Marco Polo und Casanova vorbeigekommen. Gondelfahren ist nicht billig. 40 Minuten kosten 80 Euro. Singen kostet extra. Man kann die Gondelfahrt auch zu sechst machen, dann teilt man sich die Kosten. Diese Variante haben auch wir gewählt. Dabei kommt man den Maskottchen der Stadt ganz nah, den Gondoliere mit ihren blau-weiß gestreifen Hemden.
Am Rialtomarkt haben wir uns einen Fischteller mit einem Glas Wein gekauft und in der Sonne auf dem Boden gesessen und am Wasser gespeist. Abends haben wir nochmal eine Tour mitgemacht. Dieses Mal hatten wir Murders and Mysteries Venice Evening Walk über Isango! gebucht. Und da waren wir sogar pünktlich. Wir spazierten im Dunkeln durch die kleinen Gassen, während uns der Tourguide gruselige Legenden aus der Vergangenheit der Stadt erzählte, die genau an dieser Stelle passiert sein sollen. Einige davon gebe ich hier zum Besten.
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