The Grand Budapest Hotel in Phnom Penh

Cocktail trinken mit Isabell in Phnom Penh (Foto: ruti)

Als Rucksackreisender hört man eine Menge Geschichten. Besonders andere Traveler übertreiben in ihren Berichten über ihre Abenteuer gerne ein wenig. Das denke ich jedenfalls. Doch ich wurde auch schon von der Wahrhaftigkeit der Storys überrascht.

Isabell aus Görliwood

Es war der 23. Dezember 2013. Ich saß in Phnom Penh, der Hauptstadt Kambodschas, in der Lobby einer Backpacker-Absteige namens „Golden Home Guesthouse“ als mich eine Lady mit dem Satz „Du bist Deutscher, oder?“ ansprach. Meine Nationalität hatte sie an meinem Reiseführer erkannt, der vor mir auf dem Tisch lag. Ihr Name war Isabell und sie kam aus Ostdeutschland, was mir ihr Dialekt verriet.

Wir kamen ins Gespräch und beschlossen am Abend gemeinsam ins Theater zu gehen. Nach der Vorstellung tranken wir Cocktails, während sie mir erzählte, dass sie aus Görlitz komme, was im Übrigen ein beliebter Drehort für Hollywood-Produktionen sei, weil dort eine ganz besondere Atmosphäre herrsche. Man nenne es deshalb liebevoll „Görliwood“.

Eine zu schöne Geschichte

Gerade sei dort ein Film namens „The Grand Budapest Hotel“ gedreht worden. Für die Hauptrolle sei ursprünglich Johnny Depp vorgesehen gewesen, aber wegen hier nicht näher aufzuführender Eitelkeiten habe diese schließlich Ralph Fiennes übernommen. Doch das sei bei weitem nicht der einzige berühmte Schauspieler des Streifens. Isabell erzählte davon, wie sie mit den Stars in Bars abgehangen habe. Einige seien sehr zurückhaltend gewesen und hätten sich kaum Blicken lassen, andere wiederum seien täglich in Görlitz unterwegs gewesen und hätten sie an den Tisch gebeten, mit ihr geplaudert und den ein oder anderen Flirt habe es auch gegeben. Dabei ließ sie Namen wie Jude Law, Adrian Brody, Jeff Goldblum, Bill Murray, Owen Wilson oder Edward Norton fallen.

Ich bin kein ausgewiesener Cineast und hatte zuvor weder von „The Grand Budapest Hotel“ noch von Görlitz als beliebte Drehstätte Hollywoods gehört.

Ich mochte Isabells Geschichte, wenn ich auch zugeben muss, dass ich ihr nicht allzu viel Glauben schenkte. Mit den ganzen großen Namen hatte sie mir etwas zu dick aufgetragen. Ich hielt es für ziemlich unwahrscheinlich, dass sie alle in einem einzigen Film mitwirkten. Noch an diesem Abend trennten sich unsere Wege wieder.

Nettes aber nicht verifiziertes Stammtisch-Wissen

Ein viertel Jahr später begegnete mir der Name „The Grand Budapest Hotel“ erneut. Anlässlich des Kinostarts spukte er durch die Medien und ich erinnerte mich an die Geschichte von Isabell. Ich hatte es nie überprüft, aber ab und an ließ ich in Gesprächen mit Freunden fallen, dass der Film ja in Görlitz gedreht worden sei und man es auch Görliwood nenne. Ich bekam noch mit, dass der Film ein außerordentlicher Erfolg war, auch wegen seiner besonderen Atmosphäre. Dann aber verschwanden meine Gedanken daran wieder.

Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit

Wiederum ein Jahr später, im März 2015, beschloss ich einen Abend vor einem Frühdienst gemütlich mit einem guten Film zu beenden. Als ich im Internet stöberte, stieß ich auf eben jenen Film und sah ihn mir an. Nicht nur, dass es ein vorzüglicher Film ist, in dem eine ganz besondere Atmosphäre herrscht. Es spielten auch all die Stars mit, von denen mir Isabell erzählt hatte.

Als der Abspann vorüber war, ging ich auf Wikipedia und gab „Grand Budapest Hotel“ ein. Dort fand ich folgende Zeilen: „Der Film wurde 2013 in Deutschland gedreht. In Görlitz fanden die Dreharbeiten von Januar bis März 2013 statt, unter anderem dienten dort als Kulisse für das Hotel die Jugendstilbauten des Görlitzer Warenhauses (Innenaufnahmen) und der Stadthalle Görlitz (Außenaufnahmen, Hoteleingang, Speisesaal) sowie als Hotelbadeanstalt das historische Freisebad. Der Braune Hirsch diente als Klosterkulisse.“ Und: „Ursprünglich war für die Hauptrolle Johnny Depp vorgesehen, der jedoch wieder ausstieg.“ Klickt man auf den Einträg „Görlitz“ findet man Folgendes: „Wegen seiner unversehrten Altstadt ist Görlitz ein beliebter Drehort für Filme mit historischer Kulisse. Was der Stadt im Volksmund den Beinamen „Görliwood“ einbrachte.“ (zum Artikel)

So schloss sich für mich der Kreis und ich fand heraus, dass man den Backpackern, die einem auf Reisen die fantastischsten Geschichten erzählen, vielleicht doch mehr Glauben schenken sollte, als ich es bisher getan hatte.

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