„Polizeistaat“ Bayern – Klischee bestätigt

Mit dieser Geste verabschiedete sich der Polizist von mir. (Foto: Ruti)

Bayerns Polizei hat den Ruf, besonders streng zu sein. Umgangssprachlich wird auch gerne Mal vom „Polizeistaat“ gesprochen. Dass dieser Ruf nicht von ungefähr kommt, erfuhr ich auf meiner Reise in den Skiurlaub.

Es war der 2. Weihnachtsfeiertag. Ich war mit dem Zug auf dem Weg nach St. Johann in Österreich. Weil ich 100 Euro sparen konnte, wählte ich eine Fahrt mit 3 Mal umsteigen anstelle des Direktzuges. Meine größte Sorge war, dass die Bahn nicht pünktlich ist und ich meine Anschlüsse verpasse. Doch das war nicht das Problem. Dennoch hätte ich die 100 Euro für den Direktzug lieber investieren sollen.

Personenkontrolle

Als ich am Hauptbahnhof in München ankam, musste ich in den „Railjet“ nach Salzburg umsteigen. Der stand bereits am Gleis. Ich stieg ein, legte mein Gepäck, einen großen und einen kleinen Rucksack, auf die Ablage, setzte mich hin und hörte über Kopfhörer Musik.

Etwa 10 Minuten vor Abfahrt hielt mir plötzlich jemand für einen Bruchteil einer Sekunde eine Polizeimarke vor die Nase und sagte „Personenkontrolle“.

Polizei in Zivil

Ich blickte auf und sah zwei in Zivil gekleidete Männer – der eine etwa Mitte 40 und der andere Mitte 20. Der ältere trug Lederjacke und der jüngere Basecap, genau wie ich.

Ich kramte also meinen Perso raus und gab ihn dem Mann. Der Jüngere ließ diesen sofort per Telefon oder Funk, das konnte ich so schnell nicht sehen, überprüfen. Meine Akte ist rein. Deshalb konnte ich mich dadurch nicht verdächtig gemacht haben.

Dennoch war die Sache damit nicht erledigt. Sie wollten wissen, wo ich her komme, wohin ich will und wie lange ich dort bleibe. Ich erklärte, dass ich auf dem Weg in einen einwöchigen Skiurlaub nach St. Johann sei.

„Marihuana oder Amphetamine?“

Der Ältere fragte, ob ich Raucher bin. Als ich das bejahte, wollte er meine Kippen sehen, die er dann intensiv auf fehlende Filter kontrollierte und beschnüffelte. Gleichzeitig fragte er, ob ich Marihuana oder Amphetamine dabei hätte. Ich verneinte. Dann musste ich meine restlichen Taschen leeren.

Obwohl nichts zu beanstanden war, glaubte mir der Ältere nicht. Sein Interesse galt nun meinem Gepäck. Er ließ seinen jungen Partner meinen Rucksack durchwühlen. Meinem *Kulturbeutel galt sein besonderes Interesse und er nahm ihn persönlich unter die Lupe.

Weil das alles in einer ordentlichen Lautstärke ablief, starrten die anderen Fahrgäste mich an und ich fühlte mich zunehmend unbehaglich. „Sie zittern doch“, unterstellte er und sah mir tief in die Augen. „Hast schon was dabei, oder? Marihuana, Amphetamine?“ Wieder verneinte ich.

„Nehmen wir ihn mit?“

Mein Handgepäck lag nun halb ausgepackt auf den Sitzen und dem Tisch verteilt. Die Aufmerksamkeit das älteren Beamten richtete sich nun auf mein großes Gepäckstück. „Wie lange noch“, fragte er seinen Kollegen. „3 Minuten“ erwiderte dieser. Gemeint war die Zeit bis zur Abfahrt. Das war offensichtlich zu kurz, um mein anderes Gepäckstück zu durchsuchen. „Was machen wir“, fragte der Ältere seinen Kollegen. „Nehmen wir ihn mit?“ Ich dachte, ich hör nicht richtig.

Wenn die mich mitnähmen – ohne Grund natürlich – würde ich auf jeden Fall meinen Zug und meinen Anschluss in Salzburg verpassen. Mein Ticket war Zug gebunden. Ich fragte mich, ob die Polizei mir dann ein neues Ticket kaufen würde, entschied mich aber, erstmal nichts zu sagen.

Die „Ich beobachte-dich“-Geste

Der Ältere war überzeugt, dass ich Drogen dabei hatte und wurde zunehmend unfreundlicher. Woher diese Überzeugung kam, weiß ich nicht. Ich hatte einfach nur im Abteil gesessen, wie all die anderen Fahrgäste. Mehrere Male spielte er noch das „Du-hast-was-dabei-ich-weiß-es“-Spiel durch. Ich musste auch meine Zunge rausstrecken, woraufhin er ein angewidertes Geräusch machte. Ich deutete auf den Kaffee, den ich gerade trank und erklärte ihm, dass eine mögliche Färbung davon kommen könnte. „Du nimmst öfter was, oder“, war sein Kommentar. Wieder verneinte ich.

„Wann hast du zuletzt was genommen“, wandelte er die Frage ab und deutete erneut an, mich mitnehmen zu wollen. Wenn ich jetzt „noch nie“ sagen würde, würde er mir eh nicht glauben, dachte ich. Also spielte ich die Alterskarte: „Das ist Jahre her. Ich bin 37.“ Fast gleichzeitig meinten beide, dass das gar nichts zu sagen hätte. Dennoch ließen sie endlich ab von mir. Der Jüngere wollte meinen Rucksack wieder einräumen, aber sein Kollege sagte, dass ich das selber machen könnte und verabschiedete sich mit dieser Geste von mir:

Ist ein Basecap in Bayern immer noch verdächtig?

Den ganzen Rest der Fahrt war ich mega angepisst. Noch nie in meinem Leben bin ich außerhalb des Straßenverkehrs kontrolliert worden – einfach so. Und Ausweis zeigen wäre auch okay gewesen, aber dieses „Ich sehe dir an, dass du Drogen dabei hast“ und das „Wir nehmen dich mit“ empfand ich als total unangemessen.

Ich glaube ja, dass sie mich ausgewählt hatten, weil ich Basecap und Bart trug. Dazu passte für mich auch das „Tarnoutfit“ des jüngeren Beamten, der in etwa das Gleiche an hatte wie ich. Die Hausfrau neben dran entsprach da natürlich eher dem Bild des gesetzestreuen Bürgers.

Sie und die anderen Zuggäste hatten während der Kontrolle/dem Verhör die ganze Zeit zu mir rüber gestarrt. Nun mieden sie meinen Blick und schauten schnell weg. Nur der Araber, der zwei Reihen weiter saß, blickte mir ruhig in die Augen. „Willkommen in meiner Welt“, dachte ich, könnte sein Gedanke gewesen sein. 

1 Kommentar

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  • „Ich glaube ja, dass sie mich ausgewählt hatten, weil ich Basecap und Bart trug. Dazu passte für mich auch das “Tarnoutfit” des jüngeren Beamten, der in etwa das Gleiche an hatte wie ich.“

    Servus, da liegst vollkommen richtig.

    Leute reagieren drauf wie man angezogen ist, ob das einem gefällt oder nicht.

    Erwachsene Leute die infantile Mützen tragen sind auffällig und grundsätzlich verdächtig. „Angestrengt jugendliche“ Baseball Caps werden nur bei amerikanischen Touristen oder stationieren GIs toleriert… ansonsten – verdächtig –
    noch schlimmer, bunte Wollmützen zum Gesichtspullover.
    Sowas tragen doch nur Großstadt-Junkies aus kaputten Stadtstaaten oder FFM; Hippe-Hopper oder… puh… bayrische Hans Söllner Fans…

    Bahnreisenden weit über 30 sei ein dunkler Fedora empfohlen, und 50km südlich von München graue oder grüne Trachtenhüte.

    Ist übrigens nicht nur in Bayern so. Rumlaufen in Wigger- „Streetwear“ zieht auch in Tschechien ganz ganz schnell die Polizei an. Weil man signalisiert ja nen gewissen „Lifestyle“.
    Profis und echte Drogenschmuggler mit 20 Kilo im Aktenkoffer kaufen sich einen „Reiseanzug“ und eine Krawatte (Deutsche, besonders Polizisten haben Angst vor Krawatten) und mischen sich unter die Vertreter. Die will auch kein Polizist kontrollieren, die haben nämlich evtl Jura studiert oder Rechtsschutzversicherungen und beschweren sich… So ein Pickeldrücker oder verlotterter Vollidiot der nen Kanten in seinen Schuhen spazierenträgt der wartet ja nur drauf das man ihm eins verpasst.
    Das Problem bei diesem „Profiling“ ist, wer suchet, der findet, und so bestätigt sich die Kette auch immer weiter.

    Gilt übrigens auch beim Autofahren. Zu jung „falsche Klamotten“ und das Auto zu auffällig? Oma und Opa ziehen wir nicht aus ihrem zweier Golf… Basecap verkehrtrum, und Polizeimagneten wie Sportauspuff?
    Da schauen wir mal lieber etwas genauer hin…

    Also, die kindischen Aufkleber vom Auto runter, und von der Fahrt von München nach Wacken oder Flensburg ein weißes Hemd überziehen, nie wieder belästigt werden.