Schon lange hatte ich davon geträumt, mit dem Motorrad durch Südostasien zu fahren. Und in der Mongolei, ein paar Monate bevor ich wieder nach Indochina kommen sollte, hatten mich meine französischen Mitreisenden nochmal so richtig heiß gemacht. Sie waren durch Vietnam und Kambodscha gefahren. Für mich sollte dieser Traum in Laos wahr werden – nur mein Moped, die sagenhafte Natur und ich – 10 Tage von Luang Namtha nach Vientiane.
Von China aus war ich über die Grenze nach Laos, genauer gesagt, Luang Namtha ganz im Norden des Landes gekommen. In der Stadt selbst war nicht viel los – ein paar Restaurants, ein paar Hostels und einige Tour-Anbieter. Das wars. Ich unternahm eine Dschungeltour mit Kanufahren, chillte ein wenig mit meinen britischen Freunden, die ich ebenfalls von meiner Tour durch die Mongolei kannte, und kümmerte mich dann um meine Motorrad-Tour.
One-Way-Rental gesucht
Im Internet hatte ich einen hilfreichen Artikel gefunden von einem Typen, der ein sogenanntes One-Way-Rental gemacht hatte. Das bedeutet, er hatte sich ein Motorrad in Luang Namtha gemietet und es dann später in der Hauptstadt Vientiane wieder abgegeben. Gerne hätte ich den Artikel hier verlinkt, aber leider existiert die Seite nicht mehr.
Wie er berichtete, gab es zu seiner Zeit mehrere Verleiher in Luang Namtha, die Einweg-Verleih anboten. Nun aber war da nur ein einziger Laden, der das im Angebot hatte. Das machte mir die Auswahl leicht, aber so konnte er auch den Preis willkürlich bestimmen.
Ölwechsel nicht vergessen
Es war das Zuela Guesthouse. Da sich mein Wissen über Motorräder in Grenzen hielt – ich hatte nicht einmal einen Motorrad-Führerschein – erklärte mir Mr. Vong alles, was es zu beachten gab. Dazu gehörte, dass ich den Ölstand unterwegs mal überprüfen und gegebenenfalls einen Ölwechsel machen lassen sollte.
Als ich auf halber Strecke in Luang Prabang an einer Werkstatt anhielt, erntete ich Gelächter, weil mein Öl bereits komplett leer war. Ich hatte auch schon das Gefühl gehabt, dass mein Moped irgendwie lauter geworden war, als zu Beginn meiner Tour. Naja, jedenfalls führten die Jungs einen Ölwechsel durch. Das ganze dauerte 5 Minuten und kostete 4 Euro.
Mr. Vong vom Zuela Guesthouse half mir außerdem bei der Routenplanung (ich hatte mir eine Straßenkarte im örtlichen Supermarkt gekauft), gab mir einen ordentlichen Helm und Expander zum Befestigen meines Gepäcks.
Tag 1: 125 km von Luang Namtha nach Oudomxay in 5 Stunden
Tag 2: 115 km von Odomxay nach Muang Khoa in 5 Stunden
Tag 3: mit dem Moped auf dem Boot 115 km von Muang Khoa nach Nong Khiaw in 5 Stunden
Tag 5: von Nong Khiaw nach Luang Prabang; wegen Umweg und Feldweg 250 km in 9,5 Stunden
Tag 7: Ausflug zu 30 km entfernten Kuang Si Wasserfällen und Ölwechsel
Tag 8: Luang Prabang nach Vang Vieng; 300 km in 9 Stunden weil Abzweigung verpasst
Tag 9: Ausflug zur 20 km entfernten Blue Lagoon 3
Tag 10: 155 km von Vang Vieng nach Vientiane in 4 Stunden
Die Wahl des Motorrades
Er hatte schicke Kawasaki Enduros im Angebot, von denen ich das grüne Exemplar gerne genommen hätte. Das aber kostete 35 Dollar pro Tag und war mir ein bisschen zu teuer – in einem Land wie Laos.
Also entschied ich mich für eine Nummer kleiner. Die Yamaha 115i mit Halbautomatik-Getriebe war zwar nichts zum Angeben, aber auf meiner Reise stellte sie sich als die schlauere Wahl heraus. Denn von dieser Art Zweirad gab es in Laos jede Menge. Es erregte kein Aufsehen und ich konnte es ohne Bedenken überall abstellen. Außerdem passte es in kleine Schuppen oder Abstellräume.
Mit dem Moped auf dem Fluss
Als besonders praktisch stellte sich das in Muang Khua heraus. Denn zu meinem nächsten Ziel Nong Khiaw gab es keine Straße. Der einzige direkte Weg führte mit einem 10-Mann-Boot über einen Fluß. Gegen einen Aufpreis nahmen die mein Moped mit.
Bei voller Besetzung kostete die Fahrt 11,50€ pro Person bis Nong Khiaw (bis zur Mittelstation Muang Ngoi Neua 9,50€). Für das Bike musste ich weitere 17,50€ zahlen.
Als wir Nong Khiaw erreichten, war da eine ziemlich lange Treppe den Weg hinauf vom Ufer zur Straße. Ohne Hilfe war es mir unmöglich die Yamaha dort hoch zu bekommen.
Gemeinsam mit Stefan, einem meiner Bootskameraden, und zwei Laoten, die mir für je ein Bier halfen, wuchteten wir das 95-kg-Motorrad die Treppe hinauf.
Ein größeres Motorrad wäre eine Tortur gewesen und vielleicht hätten sie es gar nicht mitgenommen auf dem kleinen Bötchen.
Wer nicht planen kann, muss fühlen
Aber es gab auch Situationen, in denen ich die fette Enduro gut hätte gebrauchen können. So auf meiner nächsten Etappe, wo ich mich derb verkalkulierte: Ich wollte zu so Tonkrügen auf einer Ebene, die Plain of Jars heißen, fahren. Für diese Strecke hatte ich 140 Kilometer berechnet. Bei schönstem Wetter kam ich super voran und überprüfte nach 100 Kilometern meinen Fortschritt bei maps.me. Auf einmal waren es noch 540 Kilometer. Da ich in Laos maximal 250 Kilometer am Tag schaffte, war das natürlich ein kleiner Schock. Irgendwie hatte ich mich total verkalkuliert. Plain of Jars war viel, viel zu weit weg.
Ich musste also umplanen und entschied mich, nach Luang Prabang zu fahren. Die Straße, die dort hinführte, war ein Feldweg, der auf meiner Karte als „Very Steep Road“ gekennzeichnet war.
Da mir aber nichts anderes übrig blieb, nahm ich die. Die Straße war mit Schlaglöchern übersät. Ich bewegte mit mit 20 bis 40 Km/h fort und machte den ganzen Tag keine Pause.
Während der Stunden auf dem Feldweg dachte ich oft an die grüne Kawasaki.
Moped gerade noch abgefangen
Als ich irgendwann wieder asphaltierte Straße erreichte, war es schon ziemlich spät und die Sonne würde bald untergehen. Da es keinerlei Straßenbeleuchtung gab und ich die Schlaglöcher dann nicht mehr sehen konnte, mir die Fliegen im Sekundentakt in die Augen flogen (mit zugeklappten Visier konnte ich gar nichts sehen und die Sonnenbrille war es viel zu dunkel), wollte ich es vermeiden, nachts auf dem Motorrad zu sitzen. Also drückte ich nun richtig aufs Gas.
Das ging so lange gut, bis ich in einer Kurve zu weit rausgetragen wurde auf den Rollsplitt. Beim Bremsen blockierte mir das Hinterrad und ich spürte, wie es langsam wegdriftete. Mit großem Glück fing ich die Maschine gerade noch auf, sonst hätte es mich bei 70 Km/h oder so voll aufs Maul gehauen in kurzen Hosen.
9,5 Stunden für 250 Kilometer
Jedenfalls erreichte ich auf meiner Irrfahrt im Dunklen völlig eingestaubt und mit schmerzenden Handgelenken nach 9,5 Stunden ohne längere Pause oder Essen mein Ziel.
Luang Prabang ist ziemlich touristisch und nachts tummeln sich die Menschen auf einem Straßenmarkt. Ich hatte die GoPro noch um meine Brust geschnallt und humpelte auf der Suche nach einer Bleibe für die Nacht mit vom langen Sitzen steifen Beinen dort komplett eingestaubt entlang. Die „Wie-sieht-der-denn-aus-Blicke“ entgingen mir nicht, aber ich fühlte mich wie ein Abenteurer, der nach harten Strapazen in der Wildnis in die Zivilisation zurückkehrte.
Bye Bye Pass und Gepäck – ich hoffe, wir sehen uns bald wieder
Zurück zum Deal im Zuela Guesthouse: Als ich das Moped auslieh, musste ich dafür meinen Pass als Pfand abgeben. Um leichter zu reisen, konnte ich außerdem den Großteil meines Gepäcks abgeben. Beides wurde mit dem Flugzeug nach Vientiane geschickt, wo ich Mr. Vongs Bruder anrufen sollte, der mir meine Sachen im Austausch für das Bike aushändigen würde.
10 Tage inklusive Gepäck-Transport kosteten 1.150.000 Kip (118 €). Würde ich länger brauchen, brauchte ich nur kurz telefonisch bescheid geben. Ich hätte dann in Vientiane nachzahlen können.
Ich war skeptisch, weil Zuverlässigkeit nicht gerade das Aushängeschild Südostasiens ist und ich mein Hab und Gut und vor allem meinen Pass doch gerne wiedersehen wollte. Aber wie bereits gesagt, war das Zuela Guesthouse der einzige Anbieter für Einweg-Verleih und ich wollte diese Motorrad-Tour unbedingt machen. Also habe ich es riskiert und glücklicherweise ist alles reibungslos verlaufen.
Bei der Rückgabe war mein Motorrad ganz schön mitgenommen, aber das interessierte Mr. Vongs Bruder gar nicht. Er warf nicht mal einen Blick darauf, sondern lud es wortlos auf seinen Pickup-Truck, händigte mir mein Zeug aus und ich hörte nie wieder von ihm.
In dem erwähnten Erfahrungsbericht, den ich zuvor gelesen hatte, erzählte der Reisende, dass sein Motorrad sogar ziemliche Schrammen hatte, weil er damit gestürzt war, aber auch dafür hatte sich bei der Rückgabe keiner interessiert.
Allein, aber nicht einsam
In den 10 Tagen traf ich nur sehr wenige Menschen aus dem Westen, die ebenfalls mit dem Motorrad unterwegs waren. Häufig grüßten mich die Einheimischen in den kleinen Dörfern mit „Sabaidee Falang“, was „Hallo Ausländer“ bedeutet und ich könnte wetten, dass ich an diesem Tag der einzige Ausländer war, den sie trafen.
Überhaupt waren die Straßen relativ leer, es gab deutlich weniger Verkehr als ich es von den anderen Ländern Südostasiens kannte.
Ich genoss die Zeit auf meinem Moped und fühlte mich wie ein Cowboy, der auf seinem Pferd durch die Weltgeschichte reitet. Abends in den Hotels und Hostels traf ich oft andere Touristen und wir teilten unsere Abenteuer und unser Bier miteinander.
Schon wieder falsch gefahren
Neben den Abenteuern, die ich bereits weiter oben beschrieben habe, kam auf der Etappe von Luang Prabang nach Vang Vieng dazu, dass ich eine Abzweigung verpasste und 50 Kilometer in die falsche Richtung bis fast an die Grenze zu Thailand fuhr. Bis dahin hatte ich mich extrem gefreut, weil dies die bisher beste Straße gewesen war. Die durfte ich dann auch nochmal fahren, nämlich die 50 Kilometer wieder zurück.
Eiseskälte und kein Sprit
Der richtige Weg nach Vang Vieng führte mich über hohe Berge, wo sich mein Moped gaaanz langsam durch die Regenwolken quälte, die auf der Straße lagen.
Oben war es eiskalt und ich zog all meine dünnen Klamotten übereinander. Dann ging mir das Benzin aus.
Als ich auf einem Plateau um Hilfe bat, schüttelten die Einheimischen erst den Kopf, zauberten dann aber doch noch eine Cola-Flasche mit Benzin herbei.
Am Abend kam ich erneut ins Dunkle und eine Menge Fliegen starben in meinem Mund und Augen, weil die bei dem Regenwetter an diesem Tag besonders tief flogen.
Letzte Etappe im Regen
Vor meiner letzten Etappe von Vang Vieng nach Vientiane hatte es die ganze Nacht brutal geschüttet und das tat es auch noch am Morgen meines Reisetages. Zuerst dachte ich, ich könne nicht fahren, aber dann ließ der Regen etwas nach und ich schwang mich auf mein Bike.
Zwischendurch musste ich mich für die Dauer eines Schauers nochmal unterstellen. Das kannte ich schon von der Bergetappe, aber dieses Mal war die Straße in viel besserem Zustand und je dichter ich der Hauptstadt kam, desto besser wurde sie.
So kam ich trotz Regens gut durch und verabschiedete mich abends von meiner liebgewonnenen Yamaha.
Auch wenn nicht alles perfekt gelaufen ist, war dieser Motorrad-Trip eines meiner schönsten Reiseerlebnisse überhaupt.
Kommentieren